Sherlock Holmes – Spiel im Schatten (2011)

Filmbeschreibung:

In Sherlock Holmes – Spiel im Schatten trifft der viktorianische Detektiv erstmals in der Neuinterpretation von Guy Ritchie auf seinen Opponenten Professor James Moriarty. Moriarty möchte die westlichen Industrienationen um die Jahrhundertwende in den ersten größeren Waffengang der Geschichte schicken. Anschläge auf führende Diplomaten sollen ihm dabei helfen einen ersten Weltkrieg zu entfesseln. Nur Sherlock Holmes, sein treuer Begleiter John Watson und die Zigeunerin Simza Heron können den Plan des wahnsinnigen aber genialen Professors durchschauen und versuchen ihn zu stoppen. Ihre Reise führt sie dabei bis an die deutsch-österreichische Grenze, wo der Konflikt zu eskalieren droht. Zum Trailer

Filmkritik:

Stellt euch vor, ihr seid Single. Ihr geht ohne größere Hintergedanken in eine Bar oder Diskothek. „Vielleicht lerne ich ja jemanden kennen“, denkt ihr euch dennoch im Vorfeld. Unterbewusst macht ihr euch schick: Nicht die alte, abgewetzte Jeans, sondern die alte, abgewetzte Jeans, die aber „outwashed“ und „vintage“ ist, ziehst du an. Nicht dass „Darkthrone“-Bandshirt, welches doch schon mit in Wacken war, sondern dass gefakte Versace-Hemd, welches du aus dem letzten Türkei Urlaub billig gekauft hast, kommt an deinen Luxuskörper. Und dann geht’s ins Getümmel. Zwei, drei Stunden vergehen ereignislos. Du tanzt ein bisschen, trinkst was an der Bar, doch plötzlich, da siehst du SIE vor dir stehen (unsere werte weibliche Leserschaft, dreht bitte hier und im folgenden die Geschlechterrollen einfach um). SIE ist der Wahnsinn, wie SIE da über den Dancefloor tanzt, ah was, nicht tanzt, SIE schwebt über den Dancefloor, lässt mit ihrer Präsenz alles im Umkreis verblassen. Wie SIE ihr Haar im Takt von diesem Scheißsong „Welcome to Saint Tropez“ schwingt, lässt dich sogar das noch dämlichere Video zu diesem Song vergessen und dich nur noch an SIE denken. Und ihr Körper: „Godlike“, würde dieser Sprecher aus Quake 3 sagen; du denkst dir nur „geil!“ Und was ist dass? SIE kommt auf dich zu? Nein, doch nicht (wir sind hier nicht in nem Porno, sondern im Alltag) – aber fast; SIE setzt sich neben dich und bestellt… Ha, nichts bestellt SIE, denn du rufst: „Bacardi Razz Spriz und ein Glas Moet, für diese tolle Frau, bitte!“ SIE ist erstaunt, denn so was ähnliches wollte sie wohl auch bestellen – oder SIE ist einfach froh, dass so ein Depp ihr die Getränke bezahlt. Aber wie das so ist, kommt ihr tatsächlich ins Gespräch und versteht euch echt gut. Doch da kommt von der anderen Seite des Clubs (wo mittlerweile der neue Scheißsong von Pitbull läuft) plötzlich jemand anderes. „Hey, kennst du mich noch?“, fragt sie. Sie, ist eine alte Schulfreundin. Du hast früher mal versucht bei ihr zu landen, doch jetzt gerade hast du diese absolute Traumfrau vor dir sitzen und SIE blinzelt dich mit ihren bergbachblauen Äuglein unter ihren zentimeterlangen Wimpern an, so als wollte SIE sagen, wer ist das denn? Dementsprechend fällt deine Reaktion aus. „Oh, hey, schön, dich zu sehen. Aber ich wollte gerade gehen“, murmelst du und schnappst dir den wandelnden Traum neben dir… Endlich allein, endlich nackt und endlich in ihrem Bett. Normalerweise stehst du ja nicht auf solche Nummern, aber hey, SIE ist doch so umwerfend. Und danach? Naja, so toll war es nicht. Und was ist das. Plötzlich fängt sie (die ab jetzt nicht mehr so geil ist, dass man es groß schreiben müsste) an, irgendetwas unverständliches zu reden. Du versuchst ihr zuzuhören, doch es geht nicht. Das Gemurmel aus ihrem süßen, kleinen, knallroten Mund (der noch immer süß, klein und knallrot ist), ergibt einfach keinen Sinn. Du fragst sie etwas, doch sie antwortet nicht darauf, sondern redet einfach irgendetwas völlig anders. Du verstehst sie nicht, bekommst langsam Panik und stiehlst dich davon. Draußen auf der Straße atmest du erstmal durch. Gegenüber siehst du plötzlich deine alte Schulfreundin. Sie schaut dich verständnislos an und schmiegt sich an die Schulter irgendeines Typen, den du auch von früher kennst und der eine alte, abgewetzte Jeans und ein „Darkthrone“-Shirt trägt. Da erkennst du auf einmal, wie hübsch sie ist. Wie ihr früher immer zusammen geredet habt, gelacht habt und einfach Spaß hattet. Sie schüttelt den Kopf und geht weiter. Du bleibst allein zurück auf dieser dunklen verregneten Straße und denkst dir, wie sehr du dich von Äußerlichkeiten hast blenden lassen, was du dir hast entgehen lassen. Ein Abend mit einem interessanten Gespräch mit deiner alten Schulfreundin wäre so viel mehr wert gewesen, wie dieser Horror von eben. Du gehst alleine nach Hause und weißt nur eins: Beim nächsten Mal wird es wohl wieder genauso laufen…

Filme-Blog Wertung: 6/10

Was hat DAS alles mit Sherlock Holmes – Spiel im Schatten zu tun? Na ja, so einiges; mit dem Film verhält es sich ähnlich wie mit der hübschen und der weniger hübschen Freundin. Der Nachfolger zu Guy Ritchies Neuinterpretation von 2009 des wohl berühmtesten Londoner Detektivs ist wieder modernes Actionkino in Reinkultur. Schriftsteller Arthur Conan Doyle hätte sich wohl im ausgehenden 19. Jahrhundert nicht gedacht, dass einmal ein britischer Gangsterklamottenfilmer seinen Gentlemandetektiv in ein neues Licht rücken würde. Ritchies Holmes ist eine seltsame Persönlichkeit. Ein genialer Verkleidungskünstler, Preisboxer und so intelligent, dass er die Bewegungen seiner Feinde nahezu vorhersehen kann. Diese Kombinationsgabe wurde schon im 2009er Auftakt der neuen Reihe in beeindruckenden Bildern festgehalten. Der Nachfolger Spiel im Schatten aus dem Jahr 2011 macht nun alles noch besser und beeindruckender. Zumindest auf den ersten Blick – wo wir wieder bei der ultraheißen Barbekanntschaft wären. Auch diese sieht ja so geil aus. Sherlock Holmes – Spiel im Schatten sieht auch geil aus. Die Verfolgungsjagd durch einen düsteren, deutschen Wald sieht unfassbar gut aus und ist mit nahezu jedem Trick geschnitten und gefilmt, denn das moderne Kino auf Lager hat. Zeitlupe, Zeitraffer, Unschärfe, Bullet Time… SO müssen Blockbuster der nächsten Generation aussehen. Verfolgt werden Holmes, Watson und Co dabei von einer dicken Berta, die die umliegenden Bäume so herrlich zerspratzen lässt, dass es eine wahre Freude ist. Und hier liegt ein erstes Problem der Verfilmung. Die Grundstimmung des Film ist nicht düster und morbide, eben so, wie sei am Vorabend eines ersten Weltkrieges sein sollte, sondern irgendwie beschwingt und lustig. Das liegt einerseits an der gewollten Komik, die Robert Downey Jr. (The Avengers, Stichtag) in den Charakter des Holmes und Jude Law (Contagion, Gattaca) in den des Doktor John Watsons hineinprojizieren, andererseits daran, dass Ritchie zwar versucht darzustellen, wie überfordert der Mensch mit den neuen Waffensystemen ist, die im da um die Jahrhundertwende plötzlich zur Verfügung stehen. Der Film bedient sich Massenvernichtungswaffen, großkalibrigen Maschinengewehren und automatischen Pistolen um einerseits aufzurütteln und zu sagen, „Schaut her, das haben Menschen geschaffen, um sich selbst zu vernichten.“ Doch im nächsten Moment geht der „Schock“ in einem „lustigen“ Gag Holmes unter. Und der Soundtrack! Der Soundtrack!! Hans Zimmer hat versucht mal kreativ zu sein – was selten genug vorkommt – und es natürlich verbockt. Zimmer versucht zeitgenössische Musik, Klassikkompositionen von Schubert und Mozart, mit in seine orchestralen Spannungsstücke einzuweben und ihnen zusätzlich noch eine inhaltliche Bedeutung zu geben. Hört sich toll an, klappt aber hinten und vorne nicht; außer am Ende in einer recht gelungenen Szene. Doch was mich noch mehr stört, sind die Dialoge – insbesondere in der ersten Hälfte des Films. Und da sind wir wieder bei der geilen Partnerin: Was zur Hölle reden die Leute da? Ist es gewollt, dass Holmes und Watson minutenlang irgendwelchen Blödsinn austauschen, wenn sie eigentlich die Welt retten sollten? Warum bekommt man als Zuschauer kleine Bröckchen hingeworfen und muss sich alsbald selbst versuchen einen Reim auf die Geschehnisse zu machen. Erst ab etwa der Hälfte, als langsam der Plan von Moriarty enthüllt wird, nimmt die Geschichte Fahrt auf, bis dahin quält man sich durch eine strunzdumme Hochzeit mit einem Charakter von dem ich nicht mal mehr weiß, ob ihn Ritchie gerade erfunden hat, oder ob er im ersten Teil schon dabei war. Von den Schauspielern macht zwar jeder einen guten Job – wirklich glaubhaft ist aber nicht ein einziger Charakter. Das mag an Ritchies Herangehensweise liegen, die schon bei Snatch – Schweine und Diamanten – die Protagonisten ins Absurde überzeichnete, aber da war es wenigstens ansatzweise lustig, bei Spiel im Schatten ist es das nicht. Noomi „Lisbeth Salander“ Rapace (Prometheus – Dunkle Zeichen) ist halt auch da. Wow, hätte sie es mal lieber gelassen und wäre schweigsame Hackerin geblieben. In Verblendung hatte sie weniger gesagt und trotzdem mehr zu sagen, wie in den gesamten zwei Stunden von Sherlock Holmes – Spiel im Schatten.

Filmfazit:

Sherlock Holmes – Spiel im Schatten ist genauso wie die heiße Discobekanntschaft ein Blender allererster Güte. Sieht heiß aus und macht auch kurzfristig Spaß, entpuppt sich im Endeffekt aber als absolut billige und inhaltslose Luftnummer.

Filmtrailer:

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2 Gedanken zu “Sherlock Holmes – Spiel im Schatten (2011)

  1. Habe da eine völlig andere Meinung dazu. Finde die Charaktere haben sich weiter entwickelt und spielen nun mit ihren Facetten. Ok, die Hochzeit fand ich auch etwas fehl am Platz, jedoch der Blick als Watson total verkatert im Auto aufwacht ist für mich ganz großes Kino und von mir selbst auch schon ähnlich erlebt worden! Der Rest ist wirklich Action pur und die Szenen im Wald habe ich mir bestimmt schon 10 mal angesehen. Wirklich berauschend! 🙂 Das einzige was mich gestört hat, war das vorhersehbare.
    Meine Wertung wäre 8 von 10. 😉

    • Hey Martin,
      danke für dein Feedback. Ich kann deine Bewetung ebenfalls nachvollziehen – in Bezug auf die Actionszenen, die wirklich wahnsinnig “stylish” (um mal ein ekligen Anglizismus zu verwenden, der aber ah so gut passt) inszeniert sind. Generell ging es mir aber schon beim ersten Sherlock Holmes so, dass er mir iwie zu seelenlos war. Beim zweiten setzt sich das nun fort. Ist schwer zu erklären, weswegen ich bei der Kritik auch diesen “Umweg” gegangen bin. Man kann dem Film nicht wirklich was vorwerfen, weil er vieles richtig macht, trotzdem wirkt er auf mich einfach “gewollt”…

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