Filmbeschreibung:
„Ich will eine 14-Jährige ficken”, präzisiert Drogenhändler Billy seine Wünsche in dem thailändischen Bordell, während er mit dem Besitzer durch die Schaufensterreihen schreitet, hinter denen sich blutjunge Prostituierte lasziv präsentieren. Doch irgendwie ist für den guten Billy nichts Passendes dabei. Was liegt da näher, als die Tochter des Bordellbesitzers zu vergewaltigen und das arme Ding anschließend unsanft aus dem Leben scheiden zu lassen. Der arme Billy, wollte er doch nur eine 14-Jährige ficken. „Er wird schon seine Gründe gehabt haben“, kommentiert seine Mutter später lakonisch gegenüber Billys Bruder Julian den Mord des Mädchens. Später, das ist auf Billys Beerdigung. Denn der erwähnte Bordellbesitzer steht nicht so darauf, wenn ihm seine Kleine kaltgemacht wird. Julian soll’s nun richten. Mama fordert den Kopf des Bordellbesitzers und seiner ganzen Clique. Dumm nur, dass Julian sein Leben auch ohne seine verkorkste Mutter schon nicht auf die Reihe bekommt: Er schafft es nicht seine Freundin zu befriedigen – sexuell, wie auch emotional, wie auch ökonomisch. Er ist auf der Flucht vor der amerikanischen Polizei, die ihn für einen Mord bis nach Bangkok verfolgt. Und noch weniger schafft er es, das Drogengeschäft, welches er gemeinsam mit Billy aufgebaut hat, alleine am Laufen zu halten. Für Julian beginnt mit dem Rachewunsch der Mutter eine Tour de Force durch das nächtliche Bangkok. Durch das Rotlichtmilieu und die Mafia-Szene. Es ist eine Tour de Force bei der viel Blut ließen wird. Nicht nur das von Julians Feinden, sondern auch sein eigenes. Und dieser gewalttätige Trip durch Thailands Unterwelt ist schlicht und einfach… Zum Trailer
Filmkritik:
…großartig! Unfassbar großartig. Was Regisseur Nicolas Winding Refn (Walhalla Rising), der vor zwei Jahren bereits den kongenialen Drive ablieferte, mit Only God Forgives auf die Beine gestellt hat, ist modernes Kino par excellence. Und dieses Kino ist kinetisch und ruhig, sanft und brutal, langweilig und spannend – alles zugleich. Bereits in Drive wurde nicht viel geredet. Insbesondere Newcomer Ryan Gosling (Gegen jede Regel, Wie ein einziger Tag, Crazy, Stupid, Love in seiner Paraderolle als namenloser Driver machte nur dann den Mund auf, wenn es wirklich sein musste. Oder wenn ihn ein knallharter Schlag in die Magengrube vor Schmerz aufschreien ließ: Gosling erschuf mit der ikonischen Figur des Stuntman und Fluchtwagenfahrers eine neue Dimension von Coolness, die sich an den alten Helden wie James Dean orientierte. Im Gegensatz zu einem gelassenen Dean verkörperte Gosling seinen Part jedoch mit einer dem Ruhepol innewohnenden Kraft und Brutalität, die jederzeit ohne jegliche Vorwarnung zuschlagen, Schädel zertrümmern und Leben nehmen konnte. In Only God Forgives hat Gosling prinzipiell die gleiche Rolle wie in Drive inne. Er sieht cool aus, schlendert cool daher und zermatscht – irgendwie immer noch cool – Gesichter und hackt Hände ab. Ja, Refns neuer Thriller ist brutal und düster und irgendwie geht ihm jeglicher Sinn für Timing ab, was dazu führt, dass sich der ein oder andere Zuschauer trotz der durchschnittlichen Lauflänge von 90 Minuten schon früh genervt und gelangweilt abwenden wird. Ein Fehler, denn Only God Forgives hat ganz klar eine…
9/10
verdient. Alleine schon aufgrund der cineastisch unheimlich intensiven Darstellung der thailändischen Hauptstadt. Refns Bangkok ist pulsierend, lebendig und gleichzeitig doch schon innerlich tot und verwest. Zuletzt erstrahlte eine asiatische Metropole in Gaspar Noes Enter the Void in einem ähnlichen Licht. Only God Forgives ist somit nochmal mehr Neo-Noir als es Drive bereits war. In dieser Hinsicht ist es ein Film für Hipster und Arthouse-Fans – aber wohl nicht für das Festival-Publikum in Cannes, die Only God Forgives ausbuhten und den Film als „sinnentleert“ und sich in wunderhübsch gefilmten Männer-Ritualen ergötzendes Machwerk abtaten. Banausen, mag man denen zurufen. Bei Only God Forgives ist kein Style-over-Substance, da sind komplexe Charaktere, wie Billys und Julians Mutter Crystal (die nicht nur zufällig fast so heißt, wie Crystal Meth). Herrlich überdreht, dämonisch und irre gespielt von Kristen Scott Thomas (Lachsfischen im Jemen, Bel Ami). Die sympathische Thomas war noch nie so hassenswert. Und natürlich inszeniert der Film bluttriefende und prototypische Männerrituale – das ist ein Film von Winding Refn!? Der macht seit Valhalla Rising nichts anderes. Doch so schön wie bei Only God Forgives waren blutende, verzweifelte, weinende, schwitzende und sterbende Menschen schon lange nicht. Wirklich jedes einzelne Bild von Only God Forgives wirkt sorgsam durchgeplant. Somit ist der Neo-Noir-Thriller auch eine Hommage an das surreale Kino eines David Lynch (Lost Highway, Mullholland Drive). Auch der Soundtrack von Cliff Martinez (Spring Breakers, The Company You Keep – Die Akte Grant) sorgt mit seinen breitflächigen Synthie-Sounds für eine ganz eigene Atmosphäre, die die elegischen Einstellungen, symmetrischen Bilder und langsamen Kamerafahrten nicht nur unterstützt, sondern ihnen eine ganz neue Kraft verleiht. Only God Forgives ist ganz großes, modernes Kino – nicht für jeden, aber jeder sollte diese Reise durch das finstere Bangkok miterlebt haben. Lieben oder hassen kann er Winding Refns Opus Magnum danach immer noch. Only God Forgives ist schwierig, langatmig; ein Film, der wie gemacht ist für die Hipster und Instagram-Fanboy-Generation. Und zugleich ist er doch so viel mehr als bloß Style-over-Substance. Unbedingt anschauen.
Filmfazit:
Filmtrailer:
Ich war nach zahlreichen Kritiken etwas kritisch un verunsichert, was den Film anbelangt, aber nach diesem Review, werde ich ihn mir wohl ansehen müssen 🙂 Danke!
Hi Niko,
tu das! 🙂
ABER: Schau dir vorher nochmal Drive an – wenn noch nicht geschehen. Wenn dir der net gefällt, wird dir wohl auch Only God Forgives nicht zusagen 🙂