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The Dark Knight Rises (2012)

Filmbeschreibung:

Maskiert mit einem Motorradhelm und einer Gasmaske betritt der bullige Mann das Gebäude. Gehüllt in eine schwarze Lederkluft eröffnet er nach einem kurzen Handgemenge das Feuer auf die Zivilisten im Raum. Emotionslos tötet er Mensch, um Mensch um Mensch… Es ist tragisch, dass eine exemplarisch beschriebene Szene aus The Dark Knight Rises in einer solch krassen Weise von der Realität eingeholt wurde. Am 20. Juli kam es bei einer Mitternachstvorführung des dritten und abschließenden Teils der Batman-Trilogie des britischen Regisseurs Christopher Nolan in einem Kino in Aurora, Colorado zu einem regelrechten Massaker. Der mutmaßlich Täter, der 24-jährige Student James Holmes, tötete zwölf Menschen und verletzte über 50. Leider, leider, leider wird die Berichterstattung und Rezeption von Nolans neuestem Film auf ewig mit der Bluttat verbunden bleiben. Holmes Tat ist aber auch der tragische Beweis dafür, dass ein Film, wie der neueste Batman-Streifen, in all seiner Düsternis und Kälte, perfekt in unsere heutige Zeit passt. In The Dark Knight Rises ist der eiskalte Killer der Superschurke Bane. Bane, der sein ganzes bisheriges Leben in einem der härtesten Gefängnissen der Dritten Welt verbracht hat, hat nur ein Ziel: Gotham City, die Stadt, die sich Batman geschworen hat auf ewig zu beschützen, zu zerstören. Sein perfider Plan: Er hetzt die Armen gegen die Reichen auf; er gibt denen, die niemals etwas anderes kannten, als den täglichen Kampf ums Überleben, Hoffnung auf die Umkehrung der Werte. Bane wird für Gothams Arme ein Symbol für Gleichheit und Gerechtigkeit, während er für die Eliten zum Schreckgespenst, zum gesichtslosen Mörder wird. Bruce Wayne, der sich in den vergangenen acht (Film-)Jahren nach The Dark Knight zurückgezogen hat und das Fledermauskostüm an den Nagel gehängt hat, wird erst durch den Diebstahl eines Familienerbstücks durch die katzenartige Diebin Selina Kyle wieder wachgerüttelt. Als es zur unvermeidlichen Konfrontation zwischen Bane und Batman kommt, zeigt sich für den dunklen Ritter, dass acht Jahre Abstinenz sich nicht nur auf seine Physis, sondern auch auf seine moralischen Grundsätze ausgewirkt haben. Zum Trailer

Filmkritik:

Es ist schon erstaunlich: Der Sommerblockbuster 2012 ist ein sperriges, unglaublich kaltes und düstereres Revolutionsmärchen. Glücklicherweise bleiben uns dieses Jahr dämliche Piraten oder tuntige Vampire als Helden erspart und Christopher Nolan liefert uns mit dem dritten Teil seiner Batman-Trilogie eine Figur, die einerseits in ihrer ganzen Konzeption ebenso gebrochen ist, wie ihr Charakter im Film. The Dark Knight war ein Meisterwerk, was nicht nur an dem herausragenden Spiel Heath Ledgers, sondern allen voran an dem mörderischen Tempo des Films, der düsteren Metaebene der Charaktere und der Messerschärfe des Skripts lag. Der Schlusspunkt der Dark-Knight-Trilogie sollte es – das war bereits im Vorfeld klar – schwer haben, da anzuknüpfen. Und soviel sei bereits verraten, Nolan schafft es nicht, einen Höhepunkt des modernen Kinos zu erschaffen, vermag aber dennoch die Trilogie befriedigend abzuschließen. Der Symbolgehalt von The Dark Knight Rises ist wieder unglaublich. Nolan inszenierte mit The Dark Knight bereits eine Verfilmung einer traumatisierten amerikanischen Gesellschaft, die sich vom 11. September, vom Irak-Krieg und von der Weltwirtschaftskrise gebeutelt, am Scheideweg befand. Mit The Dark Knight Rises liefert er nun die Apotheose des Sujets. Keine Ikone der vergangenen zehn Jahre wird ausgelassen: Die Staubwolken, die sich durch zerstörte Straßenzüge winden – Check; ein Militärapparat, der auf seine eigenen Bürger schießt – natürlich drin; Anarchie auf den Straßen einer US-amerikanischen Stadt – darf freilich auch nicht fehlen. In all seiner politischen Brisanz und seinem fast schon sklavischen Abarbeiten von Ängsten westlicher Wohlstandsgesellschaften, überschreitet Nolan besonders in den ersten beiden Dritteln des Films teilweise Grenzen. Zu überladen wirken da die düsteren Untergangsszenarien. Im letzten Drittel bessert sich das – obwohl auch hier freilich noch diverse historische Bezüge genommen werden; dort wirken sie aber stimmig: Die Standgerichte von Doktor Crane sind ein wunderbares Beispiel; in ihnen kulminiert die Absurdität des Plans des Superschurken, zeigt aber gleichzeitig auf, welchen „Regeln“ sich eine anarchistische Gesellschaft unterwirft und entlarvt sie gleichfalls als eine gleichgeschaltete diktaturähnliche Staatsform. Bane als Revolutionsführer à la Robespierre macht dann auch eine bessere Figur als der Ökoterrorist Bane. Die ikonische Figur, des Gasmaske tragenden Killers Bane, der in der hoch gelobten Comicvorlage „Knightfall“ Batman anno 1993 das Rückgrat brach, ist besonders in der deutsch synchronisierten Fassung eine herbe Enttäuschung und kann in keinster Weise mit Ledgers Joker oder Murphys Scarecrow mithalten. Zwar überzeugt der nolan’sche Stammschauspieler mit beeindruckender Physis, kann aber – auch aufgrund seiner Maske – keine überzeugenden Charakternuancen entwickeln. Die Maske, die in der englischen Fassung von The Dark Knight Rises dafür sorgt, dass der Fanatiker Bane stellenweise grunzend, stöhnend und schnaufend Befehle bellt, sorgt in der unfassbar mies synchronisierten deutschen Fassung nur für Kopfschütteln. Wie ein Off-Text ertönt da Banes Synchro und nimmt ihr viel von der Intensität der Originalfassung des Films. In den vorangegangenen Filmen behandelte Nolan jeweils einen großen Themenkomplex: In Batman Begins ging es um Angst; in The Dark Knight um die Grenzen von Gerechtigkeit. Batmans Antagonist war jeweils sorgfältig zum bestimmenden Grundtenor des Films ausgewählt und lieferte sich philosophisch-sozialkritische Zwiegespräche mit „dem Guten“. In The Dark Knight Rises geht es nun um alles – und gleichzeitig um nichts. Der Film erstickt förmlich in seiner politischen Brisanz und seiner Gesellschaftskritik. Fans erwarteten von The Dark Knight Rises nicht weniger als den besten Film aller Zeiten, Nolan schien sich dieser (unerfüllbaren) Erwartungshaltung wohl bewusst – und nicht gewachsen. Immer wieder verliert er den roten Faden aus den Augen, führt Charaktere ein, die in ihrer Redundanz die Geschwindigkeit des Films massiv ausbremsen. Wer ist beispielsweise dieser Finanzmogul, der Bruce Wayne durch einen billigen Trick sein gesamtes Vermögen stiehlt? Ist er mit Absicht so angelegt, dass er als Projektionsfläche für all die Börsenhaie, Heuschrecken und Zocker steht, die in den vergangenen Jahren die Weltwirtschaft an den Rand des Zusammenbruchs brachten? Oder begeht Nolan hier die Regiesünde, einen Charakter nur um des Charakters wegen einzuführen. Auch scheint es, als wolle der britische Regisseur auf Teufel komm raus alles größer gestalten. Das funktioniert einerseits ganz gut – in den Szenen, welche die aktuellen Occupy-Bewegungen als Vorbild nehmen und die Angst der Mittel- und Unterschicht abbilden – in anderen hingegen – beispielsweise der Widerstandspart der Ordnungsmacht – ist es etwas zu viel des guten. Was Nolan meisterhaft versteht ist es, den konservativen Mythos des einzelnen Superhelden in einen zeitgenössischen liberalen Kontext zu transformieren. Alle Charaktere in seinem Film treibt der Wunsch nach einer Veränderung, nach einem Neustart an. Dieser „Neustart“ liegt in Form eines Computerprogramms, welches die komplette Biografie eines Menschen quasi löscht, vor. Diebin Selina Kyle strebt nach dieser neuen Chance. Gerade in einer Zeit, in der wir uns immer mehr zum gläsernen Menschen entwickeln und soziale Netzwerke mehr über uns speichern, als wir uns je träumen würden, ist dieser Wunsch nach einem „Neustart“ nur zu verständlich.

Filme-Blog Wertung: 8/10

Nicht meckern kann man freilich bei der Besetzung. Bale, Freeman, Neeson, Oldman, Caine (!!!!), Murphy: alle top – und doch kann man sich auch hier dem Eindruck nicht erwähren, dass die Riege an Batman-Stammschauspielern etwas verheizt wird. Zu platt erscheinen manche Aktionen und Reaktionen. Die „Neuen“ – allen voran Anne Hathaway als verführerische Diebin und Catwoman in spe – sind ebenfalls formidabel. Tom Hardy (Bane) kann aufgrund des Skripts und seiner Maske nicht vollends überzeugen, hat aber dennoch den ein oder anderen starken Moment. Bis zwanzig Minuten vor Schluss wollte ich The Dark Knight Rises mit sechs oder sieben Punkten abspeisen – zu groß war die Enttäuschung nach zwei fulminanten jetzt-schon-Klassikern, diesmal „nur“ einen guten Film zu schauen. Doch dann entwickelte sich der Showdown. Und hier schafft es Nolan endlich wieder den Rhythmus zu erwecken, den er bei The Dark Knight über die gesamte Lauflänge von drei Stunden aufrecht erhalten hatte. Die Ereignisse überschlagen sich, zwei nette Plottwists und dann das Ende! Versöhnlich und brisant zugleich, und doch so logisch, einfach und poetisch.

Filmfazit:

Kein Meisterwerk aber ein versöhnlicher Abschluss der nolan’schen Batman-Trilogie. Nolan spricht in seinem Film von der Occupy-Bewegung über die Bankenkrise bis hin zur Terrorangst nahezu alles an, was unsere Gesellschaft in den letzten Jahren bewegt hat… und verliert in all den Zitaten und Referenzen manchmal den roten Faden.

Filmtrailer:

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