Camp 14: Total Control Zone (2012)

Filmbeschreibung:

Shin Dong-Huyk lebte seit seiner Geburt in einem Strafgefangenenlager in Nordkorea. Eine andere Welt hatte es bis vor Kurzem für Shin nie gegeben. Noch heute erinnert er sich haargenau an seine schlimme Vergangenheit und an all die menschenunwürdigen Bedingungen, denen man als Inhaftierter im sogenannten Camp 14 wahllos ausgesetzt war. An die Wärter, die auf die Gefangenen eintraten und sie oftmals zu Tode prügelten, wenngleich sie aus völlig absurden Gründen in das Lager namens Camp 14 gebracht wurden. Shin erzählt einen Großteil seiner Geschichte, beschränkt sich hierbei jedoch auf die wesentlichen Geschehnisse und stellt in dem biografischen Dokumentarfilm des deutschen Regisseurs Marc Wiese auch den Kontrast zu seinem heutigen Leben gezielt dar. Oftmals ist es für ihn allerdings auch so hart, sich an die vergangenen Jahre seiner Kindheit und seines Erwachsenwerdens zu erinnern, dass er die Interviews kurzzeitig unterbrechen muss. Zum Trailer

Filmkritik:

Von Beginn an zieht der junge Koreaner Shin die Aufmerksamkeit des Betrachters voll und ganz auf sich. Einige verstörte Blicke lassen sich in seinem Gesicht ablesen, die im Vergleich zu den körperlichen Schäden, die er nach den vielen Jahren im Lager davongetragen hat, kaum von Bedeutung zu sein scheinen. Bereits in den ersten Minuten verrät der heute in Südkorea lebende junge Mann, wie er die Geschehnisse der damaligen Zeit zu verarbeiten versucht. Oftmals sitze er nur da und denke an garnichts. Anstatt sich abzulenken, flüchtet sich Shin in einen völlig normalen, oftmals ungeregelten Tagesablauf  in dem er Halt findet, um das Geschehene zu vergessen. Und spätestens hier wird klar, die seelischen Schäden sind auch nach langer Zeit um ein Vielfaches schwieriger zu überwinden, als all die körperlichen Narben, die Shin heute zwar noch immer erzürnen, ihn jedoch gleichsam an den Ort erinnern, den er als seine Heimat kennengelernt hat. Physisch sei er zwar in Südkorea angekommen und ein freier Mann, doch in Gedanken klammere sich noch immer ein Teil von ihm an das Lager, in dem er zum ersten Mal menschliche Zuwendung erfahren habe. Diese habe er damals jedoch nicht zuordnen können, denn mit Gefühlen sei im Camp nicht viel anzufangen gewesen, so Huyk. Letzteres zeigt sich sehr deutlich an der Szene, in der Shin seine eigene Familie, seine Mutter und seinen Bruder, bei einem Wärter wegen eines geplanten Fluchtversuchs beschuldigt, in der Hoffnung, als Gegenleistung nach langer Zeit des Hungerns endlich eine sättigende Mahlzeit zu erhalten. Oftmals gab es von den Wärtern nur wenige Löffel Chinakohlsuppe, und das über das ganze Jahr hinweg, zwölf Monate lang, berichtet Shin Dong-Huyk weiter. Doch von der versprochenen Mahlzeit bekam er nichts… Stattdessen sperrte man ihn für den Verrat an seiner Familie in ein Gefängnis, in dem er über sieben lange Monate hinweg, von der Feuer- bis zur Wasserfolter eine breite und bewegende Leidensgeschichte entwickelte. Doch nicht nur Shin erzählt in Camp 14 seine Geschichte, auch zwei der ehemaligen Kontrahenten Huyks kommen zu Wort und berichten aus ihrer Sicht über die zwar längst vergangenen, aber bei Weitem nicht vollends verarbeiteten Tage. Es sei einem selbst überlassen gewesen, was man mit den Gefangenen anstelle, berichtet der ehemalige Mitarbeiter des nordkoreanischen Geheimdienstes, Oh Yangnam, dem es noch heute sichtlich unangenehm scheint, sich an die Zeit im Camp 14 zurückzuerinnern. Hyuk Kwon, Kommandant der Wärter im Camp 14, berichtet ebenfalls in kurzen Szenen über seine Erlebnisse und viel wichtiger noch, über seine Ansichten im Bezug auf das Lager. Er selbst hat zwei kleine Kinder, denen er eines Tages irgendwie erklären müssen wird, was damals in den Lagern vonstatten ging und das auch er Menschen geschlagen und gefoltert hat. Noch allerdings, so Kwon, seien seine beiden Kinder zu jung und könnten dies bei Weitem nicht begreifen. Regisseur Marc Wiese schafft es mit seinem filmischen Werk einen erschreckenden und zugleich auch faszinierenden Einblick in das Leben im Arbeitslager Nummer 14 zu offenbaren, der durch die zahlreichen Interviews mit Shin Dong-Huyk beklemmend, verstörend und vor allen Dingen prägend ist. Diese Bilder werden wohl auch nach dem Kinobesuch noch eine Weile in den Köpfen der Betrachter umherirren und bei so manchem Zuschauer sicher auch die altbekannte Frage aufwerfen: Wo leben wir eigentlich?

Filme-Blog Wertung: 8/10

Acht von zehn Sternen gibt es für die deutsch-koreanische Gemeinschaftsproduktion, die uns auf drastische Weise einen Einblick in eines der zahlreichen Strafgefangenenlager Nordkoreas verschafft, in denen auch heute noch weit über 200.000 Menschen ein Leben führen, das für uns als Außenstehende wohl kaum vorstellbar sein dürfte. Ein Leben ohne Grundrechte und vor allem ein „Leben ums Überleben“, in dem jeder Tag der letzte sein könnte. Überleben des Gehorsamsten, so lässt sich die Situation im Lager nach Sichten des Films Camp 14 wohl ganz treffend beschreiben. Was allerdings hin und wieder fehlt, sind musikalische Unterlegungen, die dem ganzen Geschehen einen kleinen Mehrwert hätten verleihen können, welches nach gut 80 Minuten dann langsam aber sicher doch relativ trocken vonstatten geht. Perfekt in Szenen gesetzt hat man hier allerdings die animierten und comichaften Szenen, die für den Betrachter ein ideales Mittel sind, sich eine bessere Vorstellung zu machen, was Shin gerade im Off mit angeschlagener Stimme erzählt. Ein ziemliches Plus meinerseits gibt es des Weiteren für den Abschluss des Films. Genauer gesagt für das Klarstellen, dass es sich auch bei dem – vom Publikum bereits nach wenigen Minuten gehassten – Ex-Geheimdienstler Oh Yangnam lediglich um einen Menschen handelt, der nie Fragen gestellt hat im Bezug darauf, was er tut oder warum er es tut und der letztlich auch einem System unterlegen ist, dass wohl nur die Wenigsten überhaupt verstehen.

Filmfazit:

Für Camp 14 kann man durchaus einmal gute 100 Minuten opfern! Wir sehen den bewegenden Lebensweg des noch jungen Flüchtlings Shin Dong-Hyuk, der ganz sicher nur wenige Zuschauer im Saal kalt lassen dürfte. Harte und verstörende Szenen untermalen den informativen Dokumentarfilm und verleihen ihm einen besonderen Touch, sodass er sicher noch eine Weile in den Köpfen der Betrachter abrufbar bleiben wird.

Filmtrailer:

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2 Gedanken zu “Camp 14: Total Control Zone (2012)

    • Hey Hiroaki,

      Camp 14 gibt es soweit ich weiß online nirgends.
      Ich hab ihn in einer Sondervorführung in unserem Kino gesehen.

      Offiziell konnte man ihn hauptsächlich auf diversen Festivals sehen ^^

      Auf der offiziellen Seite zum Film kannst du nähere Infos finden (Link hab ich leider gerade nicht parat).

      Lg. Simon Ulm

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